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Aus der Sicht und mit den Worten von ...
Kim Müller, Fachanwalt für Strafrecht


Kleine Einblicke, was sich manchmal alles hinter den Kulissen so abspielt.

Mal erfreuliche Post von der Rechtsanwaltskammer

Post von der Rechtsanwaltskammer kommt mehrfach im Jahr: Zumindest eine Beitragsrechnung, und regelmäßig zwischen 1-4 Beschwerden von gegnerischen Rechtsanwälten, Mandanten oder Mitbewerbern, die mit deutlichen offenen Worten nicht umgehen können.

Die meisten Beschwerdeführer kennen nicht den Rechtfertigungsgrund der „Wahrnehmung berechtigter Interessen“, d.h. ein Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufes darf sich ziemlich viel erlauben, bevor man ihm an den Karren fahren kann. Grenze ist der Tatbestand der Beleidung ohne Sachbezug. Man muss sich schon ziemlich dämlich anstellen, um eine Beleidigung hinzubekommen, die gänzlich außerhalb des Sachzusammenhanges steht.

Nach den ersten beiden Beschwerden gegen mich bin ich dazu übergegangen, im Wesentlichen mit einem vorgefertigten Standardschreiben zu antworten. Peinlich ist das Ergebnis dann eher für die Beschwerdeführer, wenn die Rechtsanwaltskammer bestätigt, dass keine Pflichtverletzung festgestellt werden kann. Warum die Rechtsanwaltskammer solche Schreiben überhaupt erst an die Rechtsanwälte weiterleitet, steht auf einem anderen Blatt.

Heute aber mal erfreuliche Post:Herrn Rechtsanwalt Kim Müller
wird hiermit widerruflich gestattet,
die Bezeichnung
Fachanwalt für Strafrecht
zu führen.


Warum macht man sowas ?
Ehrliche Antwort: Ausschließlich für Werbung.

Was kann denn ein Fachanwalt für Strafrecht mehr als ein „normaler“ Rechtsanwalt ?

Naja, zumindest hat der Rechtssuchende die Gewissheit, dass sein Verteidiger schonmal auf dem Rechtsgebiet des Strafrechts tätig gewesen ist.

Voraussetzung für die Fachanwaltsverleihung ist im Strafrecht, dass mindestens 60 strafrechtliche Fälle in drei Jahren bearbeitet wurden, und mindestens 40 Hauptverhandlungstage vor dem Amtsgericht/Schöffengericht (d.h. Straferwartung 2-4 Jahre) oder dem Landgericht (d.h. Straferwartung über 4 Jahre oder Berufungen) absolviert wurden.

Die 60 Fälle zusammenzubekommen ist für einen Anwalt mit strafrechtlicher Ausrichtung regelmäßig kein größeres Problem, das erfordert ja nur 1-2 Fälle pro Monat, jedoch spielt sich der Großteil der Strafmandate vor dem Einzelrichter beim Amtsgericht ab (Straferwartung bis 2 Jahre), so dass meist die 40 Hauptverhandlungstage vor höheren Gerichten der Knackpunkt sein werden.

Problematisch ist dann noch, dass die Rechtsanwaltskammer die Entscheidung über die Fachanwaltsverleihung von Kollegen mit gleichem Einschlag vorprüfen lässt, die naturgemäß nicht sonderlich viel Lust haben, sich Konkurrenz ins Haus zu holen. Da werden dann schonmal Fälle abgewertet oder weniger stark gewichtet, so dass die Voraussetzungen dann doch nicht vorliegen.

Mein Rechtsanwaltsnachbar ein paar Häuser weiter kann davon ein Lied singen: Der musste wohl sämtliche Fachanwaltstitel vor Gericht einklagen. Beim Fachanwalt für Familienrecht hatte der Prüfer den Antrag wohl ein Jahr lang überhaupt nicht bearbeitet, und beim Fachanwalt für Erbrecht wurden die Fälle abgewertet. Im letzten Fall übrigens als einzigem Bewerber. Die anderen zeitgleichen Anträge wurden durchgewunken. Das würde mir ja zu denken geben.

Damit mir das nicht passiert, habe ich gleich mehr als doppelt soviele Fälle wie gefordert eingereicht. Nach 129 dokumentierten Fällen hatte ich keine Lust mehr.

Hat ja anscheinend gereicht.