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Aus der Sicht und mit den Worten von ...
Kim Müller, Fachanwalt für Strafrecht


Kleine Einblicke, was sich manchmal alles hinter den Kulissen so abspielt.

Führerschein & BtMG – Haarprobe

Mal ein Rechtstipp für alle armen Seelen, die mit Betäubungsmitteln erwischt worden sind, und denen die Straßenverkehrsbehörde nun den Führerschein abnehmen will.

Normalerweise verlangen die eine Blut- oder Urinprobe. Da kann man sich drauf einstellen, wenn man erwischt wird, und nach 3-5 Wochen ist i.d.R. nichts mehr nachweisbar.

Neue Masche der Behörden: Jetzt wollen die Haarproben, und zwar insbesondere von jungen Damen, die naturgemäß lange Haare mindestens bis zur Schulter haben. Da ist Betäubungsmittelkonsum auch nach Jahren noch nachweisbar.

Leute: Bevor ihr zum Rasierer greift, erstmal weiterlesen:

Eine junge Dame war Ende letzten Jahres wegen Besitzes von Cannabis bei mir, ich habe erstmal die Akte geholt, und darauf hingewiesen, dass die Fahrerlaubnisbehörde wohl ein Fahreignungsgutachten einholen würde. Daher dringend der Rat, jeglichen Konsum von Betäubungsmitteln einzustellen (sollte man sowieso, spätestens nachdem man erwischt wurde). Insofern wäre in Blut/Urin nichts mehr nachweisbar.
Und es war bestimmt das allerallererste (und letzte) Mal, dass die junge Dame mit Drogen zu tun gehabt hatte. Zumindest behaupten das (nach Beratung) fast alle meiner Mandanten.

Das Strafverfahren ist mittlerweile eingestellt, aber gestern war die junge Dame erneut mit ihren beiden Eltern bei mir. Alle waren sichtbar gestresst. Grund: Die Behörde wollte auf einmal eine Haarprobe von der Tochter, und die Eltern hatten keine Lust, Töchterchen nach Führerscheinverlust täglich zur Ausbildungsstelle zu bringen. Daher wäre nach Meinung der Eltern eine Totalrasur angezeigt.

Das mit der Haarprobe ist tatsächlich echt fies, denn Haare wachsen naturgemäß 1 bis 1,5 cm im Monat, so dass eine Haaranalyse meist sehr ergiebig ist. 2 Jahre Rückschau müssten regelmäßig drin sein, auch wenn oft nur die neuesten 6-9 cm ab der Haarwurzel ausgewertet werden (= 6 Monate).
Hinzu kommt, dass sich noch bis zu 12 Wochen nach dem letzten Konsum Abbau-Produkte, die zuvor in der Fettschicht aufhältig waren, in den Haaren einlagern können. Für Gelegenheits- oder Dauerkonsumenten also echt böse.

In der Vergangenheit waren diese Haarproben sehr selten angeordnet worden, nach meiner Einschätzung höchstens in einem von 100 Fällen, und in den Fällen, an die ich mich erinnere, waren alles Kerle betroffen.
Die habe ich immer aufgeklärt über die Sach- und Rechtslage, und anschließend mein persönliches Empfinden weitergegeben (natürlich ohne Zusammenhang mit dem konkreten Fall), dass ich mir bei ihnen eine radikale Kurzhaarfrisur sehr gut vorstellen könne.

Das klappt aber bei einer 18-jährigen mit Haaren bis zur Schulter leider nicht. Aber kein Grund zum Verzweifeln, auch für junge Damen habe ich Frisurtipps.

Ich finde, blond ist eine tolle Haarfarbe, die macht freundlich. Und wenn man schon blond ist, kann man auch noch einen noch helleren Farbton wählen. Dies wird üblicherweise durch Bleichen der Kopfbehaarung erreicht.

Nun hat das Bleichen von Haaren leider den unerwünschten Nebeneffekt, dass das Haar keine geeignete Grundlage für eine Haaranalyse mehr darstellt. Nach den CTU-Richtlinien für Abstinenz-Nachweise (also genau umgekehrte Beweisrichtung; hier: Konsum soll nachgewiesen werden, bei Abstinenz: Konsumfreiheit soll nachgewiesen werden) verhindert das Haarebleichen den Beweiswert, so dass wieder auf Urinkontrollen zurückgegriffen werden muss, in Abständen von 4 Wochen.

Das ist ärgerlich für die Feststellungsmöglichkeiten der Führerscheinbehörde, aber wer eine hübsche Optik haben möchte, kann darauf leider keine Rücksicht nehmen.

Ergebnis hier: Die Verkehrsbehörde wollte nun doch lieber eine Urinprobe (bzw. sogar drei Stück in einem längeren Zeitraum).

In diesem Sinne: Ihr müsst was mit Euren Haaren machen.

Falls dieser Artikel jemandem weitergeholfen hat, würde ich mich über eine positive Bewertung auf google freuen:
https://goo.gl/cd5e4g

Disclaimer:
– Alle Angaben ohne Gewähr.
– Einverständnis Mandantin mit anonymer Veröffentlichung: 20.02.2020
– Stand: 20.02.2020

Betäubungsmittel, Bleichen, Btmg, Cannabis, Fahrerlaubnis, Führerschein, MPU, THC

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