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Aus der Sicht und mit den Worten von ...
Kim Müller, Fachanwalt für Strafrecht


Kleine Einblicke, was sich manchmal alles hinter den Kulissen so abspielt.

Rechtsanwaltskammer ./. Müller XXVIII (Halbtagsrichterin, AG Oldenburg)

Ich kriege ja 1-2 x im Jahr eine Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer, meist wegen Beleidigung, von gegnerischen Rechtsanwälten, Staatsanwälten oder Richtern.

Nach 3-4 Monaten kommt dann immer ein Standardschreiben der Kammer:
„Ein Berufsrechtsverstoß konnte nicht festgestellt werden.“

Manche Beschwerden sind aber so dumm, da habe ich mir mal vorgenommen, die öffentlich zu machen.

Richterin schreibt an die Rechtsanwaltskammer:
„Es wird mitgeteilt, dass [ein Brief] an Rechtsanwalt Müller, Ofenerdieker Str. 59a, 26125 Oldenburg gegen Empfangsbekenntnis abgesandt wurde.
Das Empfangsbekenntnis ist nicht zurückgekommen.“

Naja, erstmal herzlichen Glückwunsch zu dieser Erkenntnis, aber was soll die Anwaltskammer da machen ? Einen Nachforschungsantrag bei der Post stellen ?

Ich habe letzte Woche meine Jacke im Sitzungssaal bei Richter Gohla vergessen. Welche Handlungsoptionen habe ich ?
1.) Ich rufe da mal an, ob meine Jacke da noch hängt ?
2.) Ich bitte meine Sekretärin da vorbeizufahren
3.) Oder, analog der Richterin: Ich schreibe eine Richteraufsichtsbeschwerde mit dem Inhalt: „Es befindet sich eine Jacke im Sitzungssaal. Diese gehört mir, und ich habe sie bislang noch nicht zurückerhalten“.

Der Rechtsanwaltskammer schreibt man jedenfalls kurz:
„Hätte ich den Brief erhalten, hätte ich auch ein Empfangsbekenntnis zurückgeschickt. MfG.“

Da sich die Richterin schon die Zeit genommen hat, mich über die Kammer auf mein vermeintliches Fehlverhalten hinzuweisen, wäre es respektlos ihr gegenüber, wenn ich nicht mit gleichem Zeiteinsatz antworten würde.

Da habe ich dann doch gleich die nachfolgende Richter-Aufsichtsbeschwerde verfasst:

„An das Amtsgericht Oldenburg

Richteraufsichtsbeschwerde betreffend Eingabe Richterin H. vom 07.02.2019 an die Rechtsanwaltkammer Oldenburg

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mit Schreiben vom 07.02.2019 an die Rechtsanwaltskammer Oldenburg leitete die Richterin H. ein anwaltsrechtliches Verfahren gegen mich ein mit der Begründung, sie habe einen Brief samt Empfangsbekenntnis an mich abgesandt, das Empfangsbekenntnis aber nicht zurückerhalten (Anlage 1).

Der Sinn dieses Vorgangs verschließt sich mir völlig, da dem Vortrag überhaupt keine Pflichtverletzung zu entnehmen ist. Anscheinend hat sich die Richterin nicht getraut zu behaupten, ich hätte den Brief auch erhalten, was Voraussetzung für eine Pflichtverletzung wäre.

Die unsinnige Eingabe der Richterin führt nun dazu, dass sich fünf Volljuristen mit einem Sachverhalt beschäftigen müssen, der nicht einmal den Tatbestand einer Anwaltspflichtverletzung erfüllt, namentlich der Unterzeichnende, die Geschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Kantin, der Präsident Duin sowie zwei weitere Ausschuss-Mitglieder mit Dr.-Titel.

Ich möchte meine Sekretärin zitieren: „Herr Müller, wenn die Richterin wissen will, ob Post bei uns angekommen ist, warum ruft die hier dann nicht an ? Das hätte ich der doch sagen können.“

Da frage ich mich:
„Warum weiss meine Sekretärin das, aber Richterin H. nicht ?“

Ich möchte daher anregen, die Richterin dahingehend nachzuschulen, dass fehlende Empfangsbekenntnisse telefonisch oder schriftlich beim Empfänger angemahnt werden sollten, bevor unsinnige standesrechtliche Verfahren eingeleitet werden.

Es liegt mir fern, in die richterliche Unabhängigkeit einzugreifen, aber der vorliegende Fall zeigt deutlich, dass gute Examensnoten, von denen ich mal davon ausgehe, dass diese für eine Richterstelle notwendig sind, nicht zwangsläufig einhergehen mit einem vergleichbaren Maß an Sozialkompetenz.

Mit freundlichen Grüßen
Kim Müller“

Ich erwarte entweder gar keine Antwort, oder eine Antwort, dass ich keine Antwort kriege (z.B. wegen Datenschutzes), oder ich kriege die nächste Anzeige bei der Rechtsanwaltskammer… Ich schätze die Chancen bei jeweils 33% ein…

Egal was kommt, ich werde es, das lasse ich mir nicht nehmen, garantiert an dieser Stelle veröffentlichen.

In diesem Sinne: Ich harre der Dinge, die da noch kommen mögen.

Ergänzung:
Post von der Rechtsanwaltskammer vom 04.06.2019:
„Ein Berufsrechtsverstoß konnte nicht festgestellt werden.“

Ergänzung 2:
Post von der Richteraufsicht vom 31.03.2020 (sinngemäß):
„Ein Berufsrechtsverstoß der Richterin konnte nicht festgestellt werden.“

Ich stelle fest: Berufsrechtsaufsichtsorgane scheinen ähnlich zu arbeiten.
Wieder ein Erfahrungsschatz mehr.

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